Vom Eichsfeld reisen wir gut 200 Kilometer Luftlinie nach Südosten – einmal quer durch Thüringen. Dabei passieren wir zweimal die frühere Landesgrenze und kommen schließlich im Fichtelgebirge an.

Brrr….., ist das k-k-k-kalt!
Freitag, 07. März 2014, abends. Ich bin mal wieder auf Tour durch die Lande.
Da ist diese bläulich-weiße Fläche vor mir, gesäumt von vielen Bäumen. Mittendrin eine kleine Insel, die über 2 Brücken mit dem Festland verbunden ist. Rechts, halb verdeckt, ein Haus – wohl ein Hotel. Dahinter Berge, die im Dunst verschwinden. Der Turm sticht etwas heraus. Aber vor allem: ganz viel Wald und diese eisige Fläche.
Ich bin am Fichtelsee auf etwa 800 Metern Höhe; das Ende der ersten Etappe einer kurzen Reise abseits der Autobahnen. Der Spätwinter ist hier oben deutlich zu spüren und überrascht mich doch etwas. Hatte der Tag doch eher frühlingshaft begonnen.

Diese zweite Etappe meiner Deutschlandreise führt uns in den Westen“, in eine Gegend, die vor 1990 oft als „Zonenrandgebiet“ bezeichnet wurde. Strukturschwach und weit ab der großen Städte; die Grenze zur DDR nicht weit entfernt. Abgelegen ist das Fichtelgebirge – sind große Teile Oberfrankens – noch heute, obwohl sie mitten in Deutschland liegen. Bayreuth und Hof sind hier die größten Städte, haben aber nur gut 70.000 bzw. kaum 50.000 Einwohner. Nürnberg ist weit, Chemnitz ebenso. Dafür gibt es umso mehr Natur.

Ich starte irgendwann am Vormittag und fahre entspannt durch Odenwald und Bauland nach Nordosten. Mein erstes Ziel ist Würzburg. Die Stadt im Tal des Mains hatte ich schon ein paar Jahre zuvor besucht und war vor allem von der Aussicht vom höher gelegenen Rastplatz an der A3 fasziniert. So stoppte ich bei sonnigem Mittagswetter direkt am Main und hielt diese Ansicht der Stadt fest:

Würzburger Türme am Main

Alles wirkt alt; der wuchtige Kran, der gotische Turm der Marienkapelle und die Doppeltürme des Würzburger Doms. Und das, obwohl die Altstadt kurz vor Kriegsende fast vollständig durch Bombenangriffe zerstört worden war.
Ich lasse es entspannt angehen und genieße die Sonne. Nach der kurzen Pause am Main nehme ich Neuland unter die Räder, und fahre langsam Richtung Bamberg. Recht bald wandelt sich die Landschaft von weiten Feldern und Weinbergen zu dichtem Wald – nur von wenigen Ortschaften unterbrochen. Es wird gefühlt rauer und kühler als ich die Hügel des Steigerwaldes erklimme. Es ist eher ein sanfter Anstieg auf knapp 400 Meter Höhe.
Ich entdecke kurz vor Ebrach einen Wanderparkplatz und halte; spaziere ein bisschen umher. Da entdecke ich diese Tafel:

Im Steigerwald

Ich bin amüsiert. Soll das ein Wanderweg für sehr alte Menschen sein? Wohl eher nicht. Dann geht es eher doch um Bäume – sehr, sehr alte Bäume. Gut möglich, dass dieser Teil des Steigerwaldes noch (wieder?) naturbelassen und unbewirtschaftet ist. Darauf deutet auch die Hinweistafel links daneben. Die Bäume sind noch ziemlich kahl, haben nur erste zarte Triebe.
Nach einer Pause fahre ich weiter durch die sehr dünn besiedelte Gegend. Der Wald weicht langsam wieder landwirtschaftlichen Flächen. Etwas später erreiche ich die groß wirkende Stadt Bamberg, die ich in deren östlichen Stadtteilen umfahre. Ich bin enttäuscht. Alles sehr austauschbare Nachkriegshäuser und breite Straßen. Ich wechsle auf die A73 und lasse die Kilometer schnell weniger werden. Die Strecke ist recht wenig befahren. Außer einer längeren Baustelle südlich von Kulmbach komme ich gut voran. Es geht am Main entlang durch eine hügelige Landschaft. wald und Felder wechseln sich stetig ab. Nördlich von Bayreuth nehme ich für ein ganz kurzes Stück die A9 unter die Räder. Dann geht es bergauf. Im engen Tal des Weißen Mains schlängelt sich die breite Bundesstraße von 400 Metern auf knapp 800 Meter. Ich bin zurück im dichten Wald. Nach weiteren Kilometern biege ich rechts ab und bin bald auf meinem Zeltplatz im Fichtelberger Ortsteil Neubau. Es ist kalt.
In aller Ruhe baue ich mein Zelt auf und lasse den Tag Revue passieren. Ich sauge all die neuen Eindrücke in mich auf. In meinen Notizen halte ich damals fest:
„Gegen 4 erreichte ich das Fichtelgebirge. Mein erster Gedanke: rustikal. Steile Hänge, enge Täler, hohe, bewaldete, Berge. Kurz vor meinem Zielort Fichtelberg entdeckte ich die ersten Schneereste am Straßenrand. Davon gibt es hier auf dem Platz noch einiges.“
Zeit für einen kleinen Spaziergang. Der Fichtelsee ist nicht weit. Nach ein paar Schritten durch den Wald stehe ich vor einer weißen Fläche. Eisbedeckt liegt der See da. Ein paar Lücken gibt es trotzdem schon. Auf einer dieser schwimmt einsam eine Ente umher:

Einsame Ente auf dem Fichtelsee

Es ist so ruhig. Nur die Natur spricht. Zweige knacken, Vögel singen, das Eis macht Geräusche. Ich wandere zum südlichen Ende des Sees. Da ist er der Ausblick über diese eisige Seefläche, die Euch durch den Februar begleitet.
Pause. Genießen. Gedanken frei lassen…

Langsam gehe ich weiter. Mal schauen, was der Ort zu bieten hat. Kleine Häuser, eine moderne Kirche und sehr viel Dunst. Dazu ein paar Weideflächen:

Blick auf Fichtelberg-Neubau

Es hat was romantisches.
Ich spaziere zurück zu meinem Zelt und tippe einen kleinen Tagesbericht in mein Telefon. Es geht – irgendwie. Am Tag darauf fasse ich die anschließenden Stunden wie folgt zusammen:
„Die Nacht im Zelt war kalt, und vor allem feucht. Nein, das Staika leckt nicht, es hat nur Probleme, die Feuchtigkeit loszuwerden. Das Innenzelt blieb trocken, stattdessen vereinten sich im Außenzelt Atemfeuchtigkeit und gesättigte Kaltluft. Gegen 22h war draußen ein Waschkessel-ähnlicher Zustand bei Null Grad. Der zunehmende Mond war gerade noch zu erkennen.
Mit etwas kalten Füßen erwachte ich gegen halb 8. Zuerst wurde das Auto umgeparkt um volle Sonne auf’s Staika zu bekommen und so ein bisschen dem Kondenswasser Herr zu werden.“
Bevor ich mein Auto umparke entsteht noch dieses vielsagende Bild:

Eisig-feuchter Morgen

Eiskristalle malen ein Bild auf den Lack. Der Dunst ist noch gut zu erkennen und wird durch das Licht der tiefstehenden Morgensonne aufgehellt.

Bald packe ich meine Sachen und verlasse den Platz. Ich bleibe weiter hauptsächlich auf Landstraßen. Nur eine kurze Autobahnetappe geht über die leere A93 und die A72 ins sächsische Vogtland. Von dort fahre ich weiter durch das Erzgebirge gen Elbe zu meinem Ziel im südöstlichen Elbsandsteingebirge.
Was ich dort erlebe erzähle ich Euch in der nächsten Kalendergeschichte, die sich unmittelbar anschließt und mich sehr weit zurück in meine Kindheit bringt.

Hier sind die technischen Daten zum Bild:
Datum & Uhrzeit: 07.03.2014, 17:44 Uhr
Kamera: Nikon D5000
Objektiv: Nikkor 18-105 VR
Brennweite: 48mm
Blende: f/5.6
Verschlusszeit: 1/180s
ISO-Wert: 200

Also auf nach Sachsen!
Bis dahin,

— SnusTux|René M. – 01/02-2022 (16.01.2022)