Dieses Mal gibt es kein Wasser, dafür einen weiten Blick. Und wir sind knappe 500 Kilometer weiter nördlich.

Montag der 01.07.2013 gegen Mittag. Mein Blick schweift weit über einen kahlen Berg. Er schweift über wuchtige Steine, eine Wiese. Eingerahmt werden sie von kleinen Bäumen. In der Ferne ein paar sanfte Hügel und viel Weite. Darüber ein nahezu wolkenloser Himmel. Soetwas wie Stille.

Willkommen auf dem höchsten Berg Norddeutschlands. Willkommen auf dem Brocken.
Es ist das Ende einer kleinen Tour, die ich damals mit „Sommer 2013?“ betitelt habe. Eine Tour, die mich bis nach Møn führt. Drei Tage sind seit dem Julibild des letzten Jahres vergangen.

Auf der Rückfahrt weiche ich absichtlich auf Landstraßen aus. So lerne ich die karge Altmark kennen.
„Über Perleberg nach Wittenberge; dort über die Elbe und riesige überflutete Flächen um dieselbe; nach Sachsen-Anhalt in die Altmark; oft über schnurgerade Straßen durch wenige, ausgestorben wirkende Ortschaften. Dazu das passende Wetter: grau und regnerisch.“
Am Abend erreiche ich Thale. Es ist angenehm und ruhig, regelrecht gemütlich. Das ändert sich am folgenden Tag. Am Bahnhof in Wernigerode besteige ich einen leeren Zug der Harzer Schmalspurbahnen. Die Ruhe ist alsbald vorbei.
„Leider endete diese bereits an der ersten Zwischenstation WR-Westerntor. Hier wurde der Zug geradezu geflutet. Auch mein Viererplatz füllte sich mit eher unangenehmen Landsleuten. Meine Menschenscheu meldete sich mal wieder. Keine 48 Stunden vorher war ich noch allein über Nyord gewandert. Mit einem beklemmenden Gefühl versuchte ich die folgenden gut 90 Minuten zu überstehen. Es wurde sogar noch schlimmer, denn das Zugpersonal war bereit sämtliche Fahrgäste mit Schnaps zu versorgen. Oh Mann! In Drei-Annen-Hohne fand sich dann auch noch der obligatorische Bier- und Schnaps-Stand von dem die um mich Sitzenden regen Gebrauch machten. Eingehüllt in eine Tabak- und Bierfahne schaute ich oft auf die Uhr. Irgendwann war Schierke erreicht und 30 Minuten darauf dann auch der Brocken!“

Entspannter Start im HSB_Zug
Brockenblick

Das zu meiner Hinfahrt auf den kahlen Berg.

Eigentlich ist das alles sehr ambivalent. Irgendwie mutiere ich zum Kind, das Eisenbahnen so liebt. Ich komme aus einer Ecke mit gleich zwei Kleinbahnen in der Nähe – die Schmalspurbahn Freital-Kipsdorf und die Lößnitzgrundbahn von Radebeul nach Radeburg. Zudem habe ich mitten in der Stadt die Parkeisenbahn, bei der ich selbst 5 Jahre bin. Dazu mein sehr umfangreicher Text vom letzten Jahr. Außerdem besitzt mein Vater eine umfangreiche Modellbahnsammlung, zeitweise sogar mit selbstgebauter Anlage in meinem Zimmer. Das alles prägt ungemein. Und es ist bis heute ein Teil von mir. So freue ich mich auch auf die Tour in Deutschlands umfangreichsten Kleinbahn-Netz im Harz. Trotz der sehr widrigen Umstände versuche ich ein bisschen zu genießen. Das Gehoppel, der Dampf der Lok, die historischen Waggons.

Nach gut 2 Stunden ist der Zug oben angekommen. Ich bin froh, aussteigen zu können. Ein letzter Blick auf den Zug, der wieder talwärts fährt.

Talfahrt

„Endlich raus aus dem Zug und den Menschenmassen! Während  der gut einstündigen Runde über den kahlen Berg versuchte ich Rentnern und größeren Ansammlungen aus dem Weg zu gehen. Es gelang mir ganz gut. Ich hielt die Rundumsicht in einigen schönen Bildern fest und erspähte sogar den Mond. Leider verzweifelte ich bei dem Versuch die schnell ziehenden Wolken sinnvoll umzusetzen. Naja.“
Brockenhaus und Funkmast sind wuchtig und kaum zu übersehen.

Brockenblick

In dem großen Gewusel gelingt mir doch der Rückzug und ein paar schöne Motive. Zuallererst das Monatsbild.  Dieses ist eine Premiere, denn zu ersten Mal ist das ultrakurze Tokina mit 11 Millimetern Brennweite am DX-Chip im Einsatz. Perfekt für die weite Landschaft
Ich spaziere umher und sammle Eindrücke.

Brockenbesucher
Detail vom kargen Berg

Es ist angenehm kühl auf gut 1.100 Metern Höhe. Dunst trübt die Fernsicht.
„Richtung 12:40h näherte ich mich wieder dem Brockenbahnhof und dem Zug, der mich zurückbringen würde. Selbigen hielt ich in verqualmten Bildern fest.“

Qualmende Ankunft

Die Rückfahrt wird kaum besser als die Hinfahrt.
„Dieses Mal suchte ich mir einen garantiert ruhigen Einzelplatz im vorletzten Wagen. Es wurde tatsächlich besser als auf der Hinfahrt.
An der Ausweichstelle am Brockenmassiv, in Schierke und in Drei-Annen-Hohne war ich draußen. Nur ein kleiner nerviger Junge im Vorschulalter trübte die Ruhe etwas, dazu noch zwei ältere Damen aus Berlin. Während der gesamten Rückfahrt wurde ich mal wieder zum unbeteiligten Beobachter, Typ Elling, und bekam so einige komplette Lebensgeschichten, und das unangenehme Wesen vieler Deutscher mit. Der Fremdschäm-Faktor war während der gesamten Zugreise zum Brocken und zurück konstant hoch.”

Zugbegegnung

Wie Ihr seht, lassen mich die qualmenden Stahlrösser nicht los.
Am frühen Nachmittag bin ich zurück am Auto in Wernigerode. Auf einen Stadtrundgang verzichte ich zu Gunsten einer Harzrundfahrt. Es lohnt sich. Vor allem die Strecke über Torfhaus gefällt mir – mit dem Blick auf den Brocken und einer kargen Landschaft. Zudem ist hier wirklich Ruhe.

Der Abend wird zu einem ersten Härtetest für meine grüne Stoffburg.
„Dieser sollte bis Mitternacht aus vielen Gewittern bestehen. Eine ganz neue Erfahrung. Mit etwas mulmigem Gefühl wohnte ich dem Schauspiel der vielen hellen Lichtstöße unterlegt mit Dauergegrummel und klatschendem Regen bei. […] (A)m Dienstagmorgen war alles vorbei. Meine Burg hatte gehalten. Leider war sie zu dicht, denn die Innenseite des Außenzeltes war komplett mit Kondenswasser bedeckt.“
Und das Staika (mehr dazu in der April-Geschichte) besteht den Härtetest.

Tags darauf verlasse ich den Harz gen Süden. Eine zweiwöchige Rundreise geht zuende.

Hier sind die technischen Daten zum Bild:
Datum & Uhrzeit: 01.07.2013, 11:50 Uhr
Kamera: Nikon D300S
Objektiv: Tokina 11-16
Brennweite: 11mm
Blende: f/11
Verschlusszeit: 1/640s
ISO-Wert: 200

Auch im September erklettern wir Höhen – in einer Landschaft voller Höhepunkte.

Bis dahin,

— SnusTux|René M. – 01/08-2022 (25.07.2022)

Dieser Text entsteht sehr spontan nach einem schwül-heißen und anstrengenden Arbeitstag.