Von den Bergen geht es an die Küste. Gut 400 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem frühlingshaften Sonnenaufgang und diesem Bild.

Mittagspause an diesem Donnerstag, den 26. Juni 2014 gegen 12:40 Uhr.
Eine sanfte Brise umweht meine Nase. Eine Wiese mit ein paar Kühen, die es mir gleich tun. Ein Vogel schwirrt umher. Dahinter sanfte Wellen, die langsam in der Unschärfe verschwinden. Und nur noch schemenhaft der grüne Hintergrund mit ein paar Häusern. Nahezu still ist es. Ich vernehme das leise Surren diverser Fluginsekten. Die Sonne wärmt mich.

Willkommen auf Ummanz, dieser kleinen Insel zwischen Rügen und Hiddensee. Willkommen an der Ostsee mit ihren mannigfaltigen Landschaften. Ich bin mal wieder auf einer Reise ins Blaue und mache nach mehreren Zwischenstopps für ein paar Tage Station auf Ummanz. Ich will Neues entdecken und auf mich wirken lassen; die Republik erkunden.
Tags zuvor reise ich an. Die ersten Eindrücke vom Platz schilderte ich damals wie folgt:
„Meinen ausersehenen Platz auf der Inselm Ummanz erreichte ich kurz vor 3. Wurde beim Anmelden mit einigen Anleitungen (Schranke, Duschen) bombardiert. Auf einer Wiese schlug ich mien Quartier auf und ließ selbiges trocknen. Die Sonne knallte trotz kaum 20 Grad. Das gewöhnungsbedürftige Duschen musste ich gleich ausprobieren: Magnetchip in eine Halterung gelegt sodass warmes Wasser kam. Dummerweise hört die Zeit erst auf zu laufen, wenn der Chip wieder entfernt wird, nicht wenn das Wasser zugedreht wird. Hmm… geht auch noch komplizierter. Die folgenden Stunden verbrachte ich mit rumdösen und ein bisschen Bürokram. dabei ließ mich die eher maue Netzanbindung (schwankend zwischen 3G und nix, teilweise konnte ich die Bytes einzeln begrüßen) verzweifeln. Bin auf die nächsten Tage gespannt.“
Nach dem langen Rumdösen mache ich zum Abend noch einen kleinen Spaziergang über den Platz und fange die Stimmung zum Sonnenuntergang ein.

Sonnenuntergang über Hiddensee

Ruhig liegen die kleinen Boote im Wasser. Ich genieße den langen Moment und kehre erst zu meiner Behausung zurück, als die Sonne hinter Hiddensee verschwunden ist. Das macht sich auch durch kühlen Wind bemerkbar.

Der Morgen danach. Da das Wetter recht schön werden soll, beschließe ich, ein Fahrrad auszuleihen. Die kleine Insel ist perfekt um sie per Drahtesel zu erkunden. Hier lasse ich meine Gedanken von damals sprechen:
„Der Drahtesel erwies sich aber als recht störrisch. Hatte gerade ein paar hundert Meter hinter mich gebracht, als sich die Kette zwischen den beiden großen Zahnrädern verhakte. Anstatt mir die Finger schmutzig zu machen marschierte ich zurück zum Auto und schnappte mir die Arbeitshandschuhe. Damit ließ sich das Problem beheben. Diese Teile sollten mir im Laufe der Radtour noch ein paar Mal helfen. Bepackt mit beiden Gehäusen und einer Wasserflasche strampelte ich gegen 11 los. Es ging auf den Deich erstmal nordwärts. Trotz kaum 20 Grad war es gescheit warm. Mit Hiddensee im Blick ging es auf einem angenehmen Asfaltplattenweg voran.“
Die angesprochene Insel mit dem weit sichtbaren Leuchtturm „Dornbusch” hielt ich unterwegs fest…

Blick nach Hiddensee zum Leuchtturm

… wie auch den Radweg.

„Irgendwann endete dieser und ich bog nach Süden auf einen Feldweg ab. Nach einem kurzen Straßenintermezzo begann eine Marterstrecke. Über unangenehme, schlecht verlegte und mit Löchern versehene Steinplatte hoppelte ich westwärts; geschätzte 2-3 Kilometer. Anstrengend! Erreichte irgendwann den Vogelbeobachtungspunkt bei Tankow. Leider glänzten Kraniche und andere gefiederte Flieger mit ihrer Abwesenheit. Ab hier ging es nach Süden, immer schön gegen den Wind, der mir Unmengen an Insekten ins Gesicht beförderte. Ein Schwenk nach Westen über einen Wiesenweg nach Urkevitz folgte. Mittagspause an der Holzbrücke zur Insel.“
An eben jener Holzbrücke entsteht auch das Bild zum April. Zuerst verschaffe ich mir einen Überblick: 

Brücke nach Urkevitz

Mit der kurzen Brennweite wirkt die Szenerie längst nicht so ruhig, wie mit dem Tele.
Die Zeit vergeht, während ich die Sonne genieße und die Gegend auf mich wirken lasse. Eine halbe Stunde später setze ich mich auf mein Gefährt und strample weiter. Nächster Stopp ist der Hauptort Waase. Hier decke ich mich mit etwas Infomaterial ein und bekomme einen bildlichen Überblick über Ummanz.

Ummanz-Überblick

In Suhrendorf, im Südwesten der Insel, ist mein Quartier. Gerade bin ich gegenüber.
Alsbald geht es über die einzige größere Straße der Insel weiter nach Süden. Ich will noch nach Freesenort. Dort erhoffe ich mir einen Blick auf die alte Hansestadt Stralsund. Auf dem Weg dorthin entdecke ich ein Segelboot, das scheinbar auf einer Wiese unterwegs ist. Oder doch nicht?

Segeln auf der Wiese

Ein Komposit aus Grün und Blau. Vögel in der flirrenden Luft. Es ist Sommer und doch recht angenehm. Dafür liebe ich die Küste.
Eine bestimmte Art von Weg war mir schon früher am Tag negativ aufgefallen: gelöcherte Steinplatten. Diese begegnen mir auch auf dem letzten Kilometer nach Freesenort. Zeit, sie und meinen Drahtesel bildlich festzuhalten:

Hoppelweg nach Freesenort

Nunja, so recht verkehrssicher ist das Rad eher nicht. Für einen sonnigen Tag auf der Insel reicht es allerdings. Auf den Plattenweg habe ich aber kaum Lust. Ich notiere:
„Kurz vor der Häuseransammlung stieß ich auf eine der wenigen Informationstafeln. Diese war nicht nur auf Deutsch, nein auch auf Englisch, und – oh Wunder! – auf Schwedisch! Sehr gut. Bei Freesenort ließen sich tatsächlich die Türme der alten Hansestadt erkennen; in der flirrenden warmen Luft des Mittags.“
Den Bildbeweis muss ich Euch allerdings schuldig bleiben.
Langsam geht es zurück und gegen halb drei endet meine Drahteselrunde über Ummanz. Ich habe sie damals für Komoot aufgezeichnet.

Der Tag ist aber noch nicht zuende. Was noch passiert, halte ich in meinem damaligen Tagesbericht fest:
„Zum Nachmittag knallte der Stern unvermindert. Mein Zeltthermometer zeigte 45°C. Schön warm – NICHT! Es folgte ein bisschen Bürokram. Währenddessen fing mein tolles Telefon an zu streiken. Binnen einer guten Stunde hängte es sich 10 Mal auf. Schrott! Damit war der Tag aber noch nicht zuende. Wollte noch Einkaufen und ein paar Dinge erledigen. Vorher gab ich noch mein tolles, verkehrsunsicheres Mountainbike zurück. Muss nicht wieder sein.
Gegen 5 zogen von Osten her dicke dunkle Wolken auf. Rein ins Auto und ab! Hatte gerade Gingst erreicht und war dort auf dem Weg zu Bank, als es langsam anfing zu regnen. Binnen weniger Minuten – mittlerweile auf der Straße nach Bergen – wurde daraus ein Starkregen allerheftigster Sorte. Die Strecke mutierte zum See und meine Scheibenwischer rannten um die Wette. Kurz vor halb 6 war Bergen erreicht und ich genehmigte mir ein bisschen Müll-Essen beim “M”. Der Regen hielt unvermindert an. Netterweise war angenehm wenig auf den Straßen los – ab 18h sollte Deutschland sein letztes Gruppenspiel gegen die USA bestreiten. Hatte mir genau die richtige Zeit zum shoppen ausgesucht. Beim Verlassen der Fressbude entdeckte ich einen Regenbogen, der sofort festgehalten wurde. Mit gefasstem Benzin und Futter fuhr ich weiter – nach Binz. Da dort die Hauptstraße wegen Bauarbeiten gesperrt war kam ich in den “Genuss” einer kleinen Stadtrundfahrt. Außer der Farbe Weiß scheint es in Binz nichts anderes zu geben. Im Zentrum reiht sich ein Nobelschuppen an den nächsten. Wem’s gefällt?! Binz: ein mondänes/versnobbtes Seebad für die Schönen, Reichen und ganz schön Reichen. Was lag da näher als ein paar Kilometer weiter nach Norden zu fahren. Prora, der Nazi-Größenwahn in Beton und Ziegel gegossen. Mittlerweile war es kurz nach 7. Stoppte an zwei Museen und hatte spontan einen Plan für den morgigen Freitag. Nach Bergen-Belsen und Pirna-Sonnenstein ein weiterer interessanter Ort aus längst vergangener Zeit. Langsam fuhr ich zurück. Der Regen hatte seit einiger Zeit aufgehört, nun ärgerte mich wieder die tiefstehende Sonne. Ist schon sehr lustig über leergefegte Straßen zu fahren; Deutschland könnte eigentlich jeden Tag spielen. Kurz nach 8 war ich zurück auf Ummanz. Damit war der Tag aber noch immer nicht zuende. Wollte ein zweites Mal den Sonnenuntergang genießen. Dafür kundschaftete ich einen besseren Standort als am gestrigen Tag aus. Nun, warum hatte ich nochmal den Metz-Blitz mitgenommen? Achja, für Portraits im Gegenlicht. Vollbepackt marschierte ich zum Standort und probierte in der untergehenden Sonne herum. Es brauchte ein bisschen bis es passte, aber es passte. Den Abend genießend entstanden viele stimmungsvolle Aufnahmen. Kurz vor 22h war der Feuerball hinter den Hiddenseer Wäldern verschwunden und ich trottete glücklich zurück. Hat sich gelohnt!
Ein all-inclusive-Urkaubstag geht zuende. Hoffe, dass das Wetter noch bis morgen Mittag hält, damit ich die Führung um und durch die Prorer KdF-Kaserne trocken erleben kann.“

Tags darauf erlebe ich Prora. Ein weiterer Ort meiner Geschichtstour durch die Republik.

Doch noch möchte ich Euch noch nicht aus dieser KalenderGeschichte entlassen. Ein Bild des Tages fehlt noch.

Stoffburg

Meine mobile Stoff-Behausung. Das es ausgerechnet diese ist, hat eine kleine Vorgeschichte, in die ich Euch mitnehmen möchte.

Es ist eine Burg, die da in der Wiese steht. Die Abspannleinen könnte ich mir auch sparen, wäre es nicht so windig. Für meine bescheidenen Verhältnisse eigentlich völlig überdimensioniert, aber man gönnt sich ja sonst nix. Dazu später.
Begonnen hat alles in den 80ern mit einem der typischen Firstzelt – zwei Stöcke in den Boden und eine Plane drüber. Das ging als Kind ganz gut. Anfang der 2000-er gönnte ich mir dann etwas eigenes. Frisch mit Führerschein ausgestattet wollte ich unabhängig die Welt erkunden. Bei einem nahegelegenen Campingmarkt erwarb ich mein „kleines Blau-Gelbes“.

Erstes eigenes Zelt

Es muss so um die 150 Mark gekostet haben – genau weiß ich es nicht mehr.
Damit ging es dann auch auf zwei große Touren durch Deutschland und Skandinavien – 2002 & 2003. Zudem noch wenigstens eine kleine Tour ins Sauerland, auf der auch das Bild entsteht. Noch ganz klassisch mit analoger Kamera.
Es leistet mir gute Dienste. Was aber daraus geworden ist, weiß ich nicht mehr. Habe es wohl irgendwann verkauft, oder es landete vor langer Zeit im Müll.

Jahre später. Ich will dieses „zelten“ mal wieder ausprobieren. Im März 2011 mache ich eine größere Bestellung bei Amazon. Fotokram, Isomatte und Zelt. Erstmal mit etwas Günstigem anfangen, ohne viel Recherche.
Gekauft, kurz aufgebaut, und dann erstmal verstaut, bleiben die Sachen bis zum Sommer ungenutzt. Dann  geht es auf große Skandinavienreise. Bis auf eine Übernachtung habe ich immer ein festes Dach über dem Kopf. Es ist die Nacht vom Februarbild des letzten Jahres zum Dezemberbild letzten Jahres.

Das „Eine-Nacht-Zelt“

Hauptsache ein Dach. Das Bild entsteht auf dem Platz in Hesseng nahe Kirkenes.
Warum ich es wohl danach nicht mehr nutzen möchte, stelle ich sehr schnell fest:
bescheidener Aufbau. Innenzelt mit billigen Teleskopstangen aufstellen und dann das Außenzelt drüberwerfen und abspannen. Aber es dauert. ich notiere damals:
„Der Zeltaufbau gestaltet sich ob der Mücken recht schwierig. Aber nach einer halben Stunde ist es geschafft.“
Was will man für kaum 70:- € auch erwarten. Luftig ist es. Und ob es nen größeren Regenguss oder Sturm überlebt, wage ich auch zu bezweifeln. Nach der Tour verschwindet das Zelt. Eigentlich nicht sehr umweltfreundlich, ich weiß.

Trotzdem habe ich Gefallen daran gefunden – zudem ist es günstiger als in festen Herbergen.
So schaue ich mich ab dem Frühjahr 2012 nach einer dauerhaften Lösung um. Ich stöbere viel in Foren und notiere mir ein paar Kandidaten. Bereits hier entdecke ich einen ganz bestimmten Hersteller – Hilleberg. Zelte aus Schweden, aber zu unerreichbaren Preisen. Das „Staika“ behalte ich im Hinterkopf. Die lange Recherche mit zu vielen Abwägungen enden erst kurz vor meiner 2012-er Tour. Es wird das „Wechsel Forum 4 2“ – deutscher Hersteller und mit Nutzern entwickelt. Ich investiere die knapp 300:- Euro und hoffe auf einen langlebigen Begleiter.

Zelt Nummer drei

Hier steht es am Västerdalälven in Vansbro, Dalarna.
Was das gute Stück nicht hat, ist eine feste und passende Zeltunterlage – Footprint genannt. Naja, es gibt ja auch noch ne einfache Zeltplane. Die Tour beginnt und ich bin begeistert. Recht einfacher Aufbau und schön geräumig.
Nach gut einer Woche erlebe ich allerdings eine böse Überraschung und notiere das sehr angefressen in mein Reisetagebuch:
„So. Der erste Regen ist da und mein Zelt kapituliert schon. An 8 Stellen der Innenzeltaufhängung tropft es rein. Hoffe, dass der Rest der Nacht einigermaßen trocken bleibt, sonst wache ich morgen früh im Schwimmbad auf. Den Rest der Tour werde ich radikal verkürzen!“
Ein schwerwiegender Konstruktionsfehler, dass die Innenzeltverbindung direkt über Stoffverbindungen nach draußen geführt wird. Schneller als gedacht geht dieses Zeltabenteuer zuende. Nur noch eine eisige Nacht in Hammarstrand schlafe ich darin. Anschließend geht es an den Verkäufer zurück.
Ich bin sehr enttäuscht und ein wenig ratlos. Ich will und brauche ein zuverlässiges Zelt, dass auch größere Unwetter übersteht.

Was nun? Das Staika reizt mich ja schon, aber der Preis…! Weitere Recherchearbeit. Ich finde dann doch noch einen relativ günstigen Anbieter, beim dem ich das Footprint mit dazu bestelle.
Ende Februar 2013 gehört der „Rolls-Royce“ unter den Zelten mir. Und ich bin schwer beeindruckt. Super einfacher Aufbau, bei dem die 3 Alustangen in je 2 stabile Ledertaschen an den Seiten gesteckt werden. Das Ganze noch festclipsen, Haube drauf und fertig. Innenzelt und Foorprint bleiben dabei komplett mit dem Außenzelt verbunden. So wird nix nass. Und es geht sehr schnell. 5 Minuten Aufbau – 5 Minuten Abbau. Abspannen nicht nötig, trotzdem mach ich es meistens.
Mit dieser Stoffburg unternehme ich in den daruffolgenden Jahren insgesamt 6 Touren – durch Deutschland, Schweden und den Alpenraum. Gerade bei der letzten Tour setzt mir der Hochsommer arg zu. 35°C draußen und ein dunkles Zelt sind dann doch keine so gute Kombination. Ich könnte ja das Innenzelt rausnehmen und nur auf dem Foorprint im Außenzelt pennen. Ob der Krabbelinsekten lass ich das lieber.
Gerade auf Ummanz habe ich ausgiebigen Ameisenbesuch. Sie tummeln sich im Außenzelt, während ich drinnen meine Ruhe habe. Die Belüftung funktioniert trotz allem.

Und nun liegt es seit viel zu langer Zeit unter meinem Bett und wartet auf den nächsten Einsatz. Es wird Zeit!
Damit geht meine kleine Zelt-Chronik zuende.

Hier sind die technischen Daten zum Bild:
Datum & Uhrzeit: 26.06.2014, 12:40 Uhr
Kamera: Nikon D300S
Objektiv: Tamron 70-300 VC
Brennweite: 250mm
Blende: f/8
Verschlusszeit: 1/750s
ISO-Wert: 200

Der Mai führt uns wieder ans Wasser.

Bis dahin,

— SnusTux|René M. – 01/04-2022 (17.03.2022)