Wir bleiben in Schweden. Dieses Mal geht es knappe 600 Auto-Kilometer nach Norden. Eine schön entspannte 2-Tages-Tour von Härjedalen nach Norrland, auf einen Berg im Nirgendwo. Dort werden wir plötzlich beobachtet.

Es ist der 18. September 2012 gegen Mittag. Ein leichter, frischer, Wind weht mir um die Nase. Es ist kühl, ich bin allein, und doch irgendwie nicht. Zwar keine Menschenseele um mich herum, dafür aber eine große Herde gehörnter Hirsche. Ich stehe auf dem Berg Galtispuoda in der Nähe des kleinen Ortes Arjeplog.
Es ist eher Zufall, dass ich hier oben gelandet bin. Auf meiner Spätsommer-Reise durch Schweden habe ich mir einen Tag Auszeit genommen, nach langen Etappen die Tage zuvor. Aber nur in meinem kleinen Zimmer sitzen will ich dann doch nicht. So frage ich nach dem Frühstück bei der Rezeption, was sich denn lohnt, zu besichtigen. Und bekomme recht schnell den Tipp, auf den Berg zu fahren. Gesagt, getan. Die 13 Kilometer sind sehr entspannt. Über ein paar Brücken und kleine Inseln zum Berg, gut 800 Meter hoch. Oben angekommen, stelle ich mein Gefährt ab und schaue mich um, mache ein paar Fotos, genieße den weit schweifenden Ausblick auf die Gegend.
Recht bald bemerke ich die Rentier-Herde, die am Berg unterwegs ist. Was für ein gefundenes Motiv! Bisher hatte ich mit diesen majestetischen Tieren nur wenig zu tun. Einige Male querten sie vor mir die Straße, oder ich konnte sie aus der Ferne beobachten. Heute nicht. Sie nähern sich mir auf wenige hundert Meter, beobachten mich, ziehen seelenruhig ihre Bahnen um mich herum. Trotzdem halte ich Abstand. Damals schrieb ich in mein Reise-Tagebuch:
„Diese, vielleicht 20-30 Tiere, wanderten nahezu ungestört auf dem Kalfjäll umher und näherten sich mir teilweise so sehr, dass ich mich lieber in Sicherheit brachte. 🙂 Aber auf 50-100 Meter kamen sie an mich heran.“
Ich habe Respekt vor ihnen und will sie in ihrem Lebensraum möglichst nicht stören. Stattdessen halte ich mein Teleobjektiv bereit. So entstehen zwei wunderbare Portraits:

Galtispuoda, Rentier-Portrait No.1
Galtispuoda, Rentier-Portrait No.2

Majestätisch und faszinierend diese Tiere. Diese Tiere im Fjäll, auf kargen Wiesen mit kleinen Büschen. Dazu das Spiel der Farben. Wälder, Berge, Wasser, Wolken. Tiere.

Sie ziehen umher auf diesem kahlen Berg.

Galtispuoda, Herde mit Geweihen

Zwischendurch scheinen sie inne zu halten und den atemberaubenden Ausblick auf die Landschaft zu genieĂźen; stehen einfach da.

Galtispuoda, Ausblick auf den See

Ich bin mittendrin und genieĂźe den Moment. Zwischendurch mache ich viele Fotos der Landschaft. Die Zeit verfliegt. Eine ganze Stunde im Nichts verschwunden.
Aber nur Rentiere und Landschaft sind mir dann doch zu wenig. Ich möchte mich dazugesellen und ein Selbstportrait machen. Mit Stativ und Selbstauslöser gelingt das. Dabei halten die Tiere Respektsabstand zu mir. Ein paar Versuche braucht es, um mich in diesem Umfeld in Szene zu setzen.

Galtispuoda, Selbstportrait mit Rentieren

Eine weitere Stunde auf dem Galtispuoda verfliegt mit Fotografieren. Die Tiere sind weitergezogen. Ich fahre langsam zurĂĽck nach Arjeplog.
Meine Reisenotizen von damals beginne ich sehr treffend wie folgt:
„Mit einem riesigen Grinsen im Gesicht begrĂĽĂźe ich Euch zum heutigen Tages-Bla-Bla.“
Dieses breite Grinsen ĂĽberkommt mich auch jetzt wieder.

Zu diesem Berg und der Gegend gibt es noch mehr zu erzählen. Darüber möchte ich Euch in einer weiteren Kalendergeschichte berichten.

Hier die technischen Daten zum Bild:
Datum & Uhrzeit: 18.09.2012, 12:12 Uhr
Kamera: Nikon D300s
Objektiv: Tamron 70-300 VC
Brennweite: 135mm
Blende: f/5.6
Verschlusszeit: 1/1250s
ISO-Wert: 200
In der leichten Nachbearbeitung habe ich mich vor allem auf den Bildausschnitt und die Farben konzentriert.

Unsere Reise durch das schwedische Fjäll geht im Mai weiter. Es wird nass.

Bis dahin,

— SnusTux|René M. – 01/04-2021

Hier geht es zu den anderen Kalendergeschichten.

PS: Diese Kalendergeschichten sind die passende Gelegenheit, um meine alten Reiseberichte, die hier auf dem Blog im Winterschlaf liegen, erneut zu veröffentlichen.