Es ist Herbst geworden in Heidelberg.
Passend zur Jahreszeit der Vergänglichkeit möchte ich Euch vom Vergehen eines Bauwerks der Stadt berichten.
Das Bauhaus war über fast 5 Jahrzehnte ein markanter Punkt in der Weststadt. Es entstand ab 1965 auf dem Gelände des alten Heidelberger Hauptbahnhofes zwischen Kurfürstananlage und Bahnhofstraße und war zugleich Baumarkt und Parkhaus. Zudem befand sich über viele Jahre der zentrale Busbahnhof davor. Mit der östlich angrenzenden Bebauung bis zum alten Hotel Schrieder – heute „Crowne Plaza“ und derzeit in Sanierung – war es das letzte Zeugnis der Neubebauung des Bahnhofsareals zwischen Römerkreis, Bahnhofstraße, Rohrbacher Straße und Kurfürstenanlage. Die Häuser westlich davon sind längst modernen Neubauten gewichen. Nun wird auch hier etwas Neues entstehen. Dazu findet sich in der RNZ vom 13.08.2021 ein Artikel.
Beim Stöbern in meinem Archiv habe ich festgestellt, dass ich vom Bauhaus nur ganz wenige Bilder habe. Und diese entstanden eher von oben – wie auch dieses Bild vom August 2020.
Links ist der markante Wohnturm „Menglerbau“ am Adenauerplatz, davor die Dachlandschaft von Bergheim – auch hier zum Großteil Neubauten auf dem alten Bahnhofsgelände. Zwischen diesen Gebäuden aus den 1960-er Jahren sticht der das Bauhaus mit seinen vertikalen Fensterfronten – dem Wechsel aus Dunkel und Hell – und den unterschiedlichen Höhen der Baukörper hervor. Rechts davon ist das neue Justizzentrum und dahinter sind die Gründerzeithäuser der Weststadt.
Eher zufällig entdeckte ich am 2. Oktober, dass sich etwas ändert. Mit dem Telefon hielt ich den begonnenen Abriss von der Kurfürstenanlage aus fest.
Noch steht ein Großteil des Gebäudes. Am östlichen Flachbau und am westlichen Teil knabbern die Bagger bereits. Die Parkhaus-Leuchtschrift ist verschwunden.
Der Gedanke reifte, diesen Abriss fotografisch zu begleiten. Zuviel Zeit verstrich dann bis zu meinem nächsten Besuch am 18. Oktober. Von Westen kommend näherte ich mich über die Bahnhofstraße der Baustelle. Die folgenden beiden Bilder zeigen den Blick von Süden:
Vom langen Flachbau ist nichts mehr übrig und auch der Hauptkörper verschwindet langsam. Noch deutlicher wird dies beim Anblick von Westen.
Der innere Aufbau aus vertikalen Säulen und horizontalen Längs- und Querträgern ist sehr gut zu erkennen.
Ob der innerstädtischen Lage mit dichter Bebauung findet der Abriss nicht mittels Sprengstoff statt, sondern mit Spezialbaggern. Diese sind mit gewaltigen Scheren ausgerüstet um die Stahlbeton-Konstruktion aufzubrechen:
Die letzten beiden Bilder zeigen die Sicht von Norden bzw. Nordost auf die Baustelle.
Eine Woche später besuchte ich die Baustelle erneut. Bei sonnigem Wetter kommen der Abriss und die Details der Gebäudekonstruktion noch besser zur Geltung. Wieder beginne ich im Südwesten. Noch hängt ein Teil der Werbung an der Bahnhofstraße.
Bei der Westansicht ist der Fortschritt deutlich zu erkennen. Noch steht der Aufzugsschacht, während die Stockwerke langsam abgetragen werden.
Ein letztes Bild vom 25.10. Zeigt de Anblick auf den Baukörper von Nordosten. Hier ist die Mächtigkeit besonders gut zu erkennen. Gleichzeitig ist gut zu sehen, wie weit sich die Bagger innerhalb einer Woche durch das Gebäude gefressen haben.
Die folgenden beiden Bilder sind Ausdruck meines speziellen fotografischen Blickes. Sie entstehen bei Nacht am 01.11.2021. Der morbide Charme des Vergehenden – die Ruine inmitten der pulsierenden Großstadt – reizt mich. Wie ein Skelett ragt der Bau in den Nachthimmel. Auf der Detailansicht ist der Kontrast der herausragenden „Knochen“ zum ziserlierten Gründerzeitbau im Hintergrund deutlich zu erkennen.
Neun Tage später bin ich erneut zu Besuch an der Baustelle. Der wuchtige Baukörper ist nahezu vollständig verschwunden. Er stemmt sich mit letzter Kraft gegen sein Ende.
Weitere neun Tage später ist das Bauhaus Geschichte. Gähnende Leere, wo einst das Gebäude stand. Der letzte Schutt wir langsam beräumt um Platz für den Neubau zu machen.
Was bleibt, ist ein kleiner Schuttberg vor den Häusern der Weststadt…
Damit endet meine kleine Dokumentation.
Es wird Neues entstehen. Die Stadt Heidelberg ist im Wandel.
Bis bald.
— SnusTux|René M. – 28/11-2021